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«Bodies of Innocence»

Marco Nicolas Heinzen, Eva Kurz, Daria Marchik und Christoph Studer-Harper

25. September bis 18. Oktober 2015
Box43, Zürich

In der zeitgenössischen Kunst ist der Körper ein entsetzlich weites Feld. Wenn man richtig darüber nachdenkt, gibt es eigentlich gar keine Kunst, die nicht den Körper einbezieht, da die Herstellung von und die Bezugnahme auf Kunst mit der Auseinandersetzung mit Materiellem zu tun hat. Beim nackten Körper, in unserer okzidental-christlichen Kultur geht es oft um Begriffe wie Scham, Moral, Schuld, Tabu und Leidenschaft. Ebenso hat der Blick auf die Nacktheit mit dem möglichen Verbot oder dem Überschreiten eines Verbotes zu tun. Bilder ermöglichen es erst, sich „ein Bild“ von etwas zu machen, und Bilder mit sexuellen Motiven tragen dazu bei, inwiefern Nacktheit und Erotik zusammenspielen. Körper in der Kunst werden idealisiert, verehrt, ausgezogen, enthüllt, angezogen, verhüllt, in mit Sinn bedacht oder ihn der Bedeutung entleert, ihn dem Schauen dargeboten und ihn für abbildungswürdig erklärt. Doch woher rührt die Faszination der Bilder, welche offenbaren Faktoren schaffen sie? Macht es die Mischung aus Voyeurismus und Narzissmus, aus Erotik, Indiskretion und Distanz, aus Leben und Inszenierung, aus Verführung und Diskretion? Mit dem Körper als Medium beschäftigen dringt man in eine Welt vor, in der Traum und die Poesie, in den von ihnen erzählten Geschichten aufscheinen, den Betrachter zu einem Anderen, zum Double seiner selbst werden lassen. Es sind Geschichten, die Spannungen zwischen den Personen und ihren begehrenden Blicken oder ihren Körpern als Objekte der Begierde entstehen lassen. Sind wir nicht alle Fetischisten, indem wir unsere Vorlieben für bestimmte Körperteile und/oder Objekte haben?

Die eingeladenen KünstlerInnen für die Gruppenausstellung «Bodies of Innocence» beschäftigen sich in ihren Arbeiten auf unterschiedliche Weise mit dem Thema der Körperlichkeit und Erotik. Die Box43 ist ein Schaufenster situiert in der Müllerstrassse 43 im Kreis 4, 24 Stunden sichtbar. Dieser Zürcher Kreis ist bekannt für seine Nachtklubs und Prostitution. In einem Viertel, wo Themen wie Sexualität, Prostitution, Körper, Fetisch und Voyeurismus zum Alltag gehören, wird die Box43 dies aufgreifen und in den Kontext der Umgebung stellen.

Mit einer menschlichen Nähe zeigen die Polaroids von Eva Kurz (*1979, lebt und arbeitet in Zürich) eine Offenheit und ein Vertrauen, welches ihr ihre Freunde, Bekannte und Menschen aus ihrer Umgebung entgegenbringen. Private und intime Momente werden zu öffentlichen Bildern. Dabei ist Kurz auf keinen Fall eine Voyeurin, sondern hält dokumentarisch alles um sich herum mit der Kamera fest aus der Perspektive eines Insiders. Intim sind auch die Bilder von getragenen Slips, die Eva Kurz in der Box43 zeigt. Bei genauerem Hinsehen erkennt man in den weissen Höschen den nicht vorhandenen Körper, der diese einmal getragen hat. Dabei können erotische Erscheinungen, Wunschphantasien und die Begierden entfesselt und ausgelöst werden, die um das Thema Körper und Stoff. Die gezeigten Inkjet Prints sind nur ein Teil aus einer Serie, die für das Buch «The Smell of Roses», 2010 erschienen im Machoverlag, entstanden sind und wie als Wixvorlage gelten und verwendet werden können.

Marco Nicolas Heinzen (*1983, lebt und arbeitet in Brig und Zürich) hat extra für die Ausstellung 18 Aquarelle gemalt, die an explizite pornografische Malerei des alten Japans angelehnt sind. «Shunga», zu deutsch «Frühlingsbilder», heißen die Beispiele erotischer Kunst, die im Japan der Edo-Zeit von 1600 bis etwa 1900 entstanden. Die Gemälde, Zeichnungen, Drucke und Bücher feiern die Freuden der körperlichen Liebe. Sexuelle Begierde und ihre Erfüllung im Geschlechtsakt werden als völlig natürlich dargestellt. Das Buch, und die darin enthaltenen erotischen Aquarelle von Marco Nicolas Heinzen, ist zur Vernissage und Finissage zur Ansicht möglich, ansonsten kann man nur anhand des Buchumschlages vermuten, was sich dahinter verbirgt. Dazu zeigt Heinzen das Ölbild Mädchen mit Ball (13 x 18 cm).

Die fotografischen Arbeiten von Daria Marchik (*1986, lebt und arbeitet in Moskau) sind eine Mischung aus Performance, Kostüm und Theater. Auf den ersten Blick erscheinen die Fotografien wie aus einem Modemagazin, aber Marchik versucht unterschiedliche Typen und Darstellungen auszuprobieren – das kann von burlesken und viktorianischen Bildern über Phantasievorstellungen mit Kombination von Natur, Objekt, Kostüm, Installation und Portraits reichen.

Christoph Studer-Harper (*1980, lebt und arbeitet in Bern) thematisiert in seinen künstlerischen Werken und Performance stets den Körper als Material. Er zieht dabei Parallelen zwischen Sexualität und ebenso dem Herstellen von Sexspielzeug aus dem Bereich des Fetisch. Dabei können sexuelle Verhaltensweisen, die unter anderem mit Dominanz und Unterwerfung, spielerische Bestrafung sowie Lustschmerz und Fesselungsspiel in Zusammenhang stehen. Utilities #1,#3 und #5 bestehen aus einem leichten Eschenholz und Garn. Obwohl die Holzobjekte sehr rau und brachial wirken, ist ihre Oberfläche absolut fein und leicht zu beschädigen, verletzlich. Sie stehen im totalen Widerspruch zu ihrer Leichtigkeit des Holzes und der Materialität des Objektes an sich. Der unbenutzte Zustand lässt viele Imaginationen zu, welche zwischen Härte und Sanftheit oszillieren.

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Ausstellungsansicht «Bodies of Innocence», 2015
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Ausstellungsansicht «Bodies of Innocence», 2015
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Ausstellungsansicht «Bodies of Innocence», 2015
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Daria Marchik, Goldfinger, 2010, Fuji Satin Fotopapier, gerahmt
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Marco Nicolas Heinzen, Frühlingsbilder, 2015, Buch mit 18 Aquarellen
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Christoph Studer-Harper, Utilities #1, 2015, Holz
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Christoph Studer-Harper, Utilities #6 & #3, 2015
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Eva Kurz, Tuesday – Holy go Lightly aus «The Smell of Roses», 2010, Inkjet Print, Wixvorlage, erschienen bei Machoverlag, 2010
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Eva Kurz, Polaroids, ongoing series
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Ausstellungsansicht «Bodies of Innocence», 2015, Christoph Studer-Harper, Marco Nicolas Heinzen und Eva Kurz